Diese Frage stellte sich, wenn der geneigte Filmseher sich erinnert, dem von Keanu Reeves gespielten „Auserwählten“ Neo in den „Matrx“-Filmen der Gebrüder Wachowsky. Inzwischen sind die beiden im ersten Film der Trilogie genannten und gezeigten Kapseln Sinnbilder für den Umgang mit Realität und den uns umgebenden und auf uns einwirkenden Dinge geworden. Ich selbst beteilige mich seit kurzer Zeit in einem Webforum, das für Fans und Liebhaber des Films „Avatar“ eingerichtet wurde, an einer Diskussion zu dem Thema „red pill or blue pill?“, in der es genau darum ging, was wir wollen... mittels der blauen Kapsel weiterhin in der vorgetäuschten und virtuellen Welt á la „Matrix“ bleiben und nicht wissen, was in Wirklichkeit passiert, oder wollen wir lieber die rote Kapsel nehmen, um in der Realität aufzuwachen? Oder haben wir dies vielleicht schon getan? Um bei dem Bild zu bleiben: ich hatte die „rote Kapsel“ schon vor längerer Zeit geschluckt und festgestellt, daß wir bereits in einer Welt leben, die alles andere als das ist, was uns Medien und professionelle „Heile-Welt-Marketingfachleute“ (zu denen ich auch Politiker zähle) glauben machen wollen. Um den Einführungstext eines fiktiven Sachbuchs - ich erkläre weiter unten, was ich damit meine - zu zitieren: „Die Armeen der Gier haben unsere Erde und die darauf lebenden Wesen verwüstet. In unserem Hunger nach Energie – nach immer mehr und mehr – haben wir unseren Planeten zugrunde gerichtet. Wir stecken bis zum Hals in schwärendem Industriemüll, in einem ewig wachsenden Haufen des Abfalls und Verfalls. Überbevölkerung, Überbesiedelung, nuklearer Terrorismus, umweltbedingte Kriege, Strahlungslecks aus Kraftwerken und Atommülldeponien, Giftverklappung, Luftverschmutzung, Waldsterben, globale Erwärmung, Abbau der Ozonschicht, Verlust des Artenreichtums durch Aussterben... unsere einstmals blaue und grüne, schöne Erde ist nun zu einer häßlichen Jauchegrube geworden, zu einer blutenden und eiternden Wunde, die in das Antlitz des Universums geschnitten wurde. Dollar für Dollar haben wir unser eigenes Aussterben finanziert“ (von Maria Wilhelm & Dirk Mathison, derzeit nur auf Englisch erhältlich). Dies ist eine gedachte Zukunftsvision – eine Möglichkeit, wie es der Erde Mitte des 22. Jahrhunderts ergehen kann. Dies ist die Basis einer Geschichte, in der die Menschen der Erde mittels interstellarer Raumfahrt zum stellaren Nachbarn aufbrechen – um dort weitere Bodenschätze zu erschließen, die der bisher zerstörerischen Lebensweise und dem Stillen des Energiehungers dienen sollen. Die (hier aus dem Englischen von mir übersetzte) Einführung stammt aus dem Buch „Avatar – An Activist's Survival Guide“ - und ist zwar erdacht, aber als Sachbuch über die fiktive Welt Pandora gestaltet. Anscheinend gibt es noch mehr Menschen, die ausgehend von der alles andere als rosigen Wirklichkeit eine mögliche Zukunft extrapoliert haben und dies zur Grundlage kreativer Werke machen. Die Idee ist nicht neu, aber die Grundlage dazu, die Gegenwart, nähert sich mehr und mehr der Zukunftsvision an. Was bedeutet das für die „Rote-Kapsel“-Gruppe? Ich zähle zu denen auch Aktivisten, die seit Jahrzenten aktiv sind, um genau den Raubbau anzuprangern und in einigen Fällen auch militant zu bekämpfen, der zu der oben geschilderten Zukunft führen kann... einige Dinge sind passiert, aber eine Lösung der überbordenden Probleme ist weit entfernt. Wie lange wird es wohl dauern, bis der Müll uns wirklich bis zum Hals steht? Wird es Holland in hundert Jahren noch geben? Wieviele Schiffe werden noch auf das Great Barrier Reef auflaufen und ihren Treibstoff und/oder Fracht über das Riff ergießen, bis es vollends gestorben ist? Das ist für mich eine Folge der Einnahme der „roten Kapsel“. Die andere Folge ist, daß mir (wie auch anderen) immer klarer und klarer geworden ist, daß wir als in „normalen“ Jobs arbeitende Menschen Teil eines Mechanismus, einer Maschine sozusagen geworden sind, deren Funktion nicht mehr in einer Güterproduktion besteht, sondern sich an den abstrakten Größen Geld und Gewinn orientiert. Das, was schon vor langer Zeit durch Karl Marx als Entfremdung definiert wurde, ist in der heutigen Arbeitswelt nach wie vor die Maxime. Als Teil dieser Maschinerie bin ich also zur Hälfte meiner Lebenszeit nicht ein Mensch, der lebt, sondern eine Einheit, die an ihrer Funktion gemessen wird. Funktionieren statt leben steht hier im Vordergrund. Angesichts dessen, was aktuell in der Welt passiert und was uns durch die Medien und deren Nachrichten an immer wieder neuen ekelerregenden Taten und Dingen gezeigt wird stellt sich zuweilen schon die Frage, die auch eine der fiktiven Figuren in „Matrix“ stellte: „Warum habe ich Idiot nicht die blaue Kapsel gewählt?“ - ich kann für mich nur antworten: damit ich nicht stumpf weiterschlafe, eingelullt von dem „Heile-Welt“-Gesäusel und blind dem glaubend, was mir von oben her als Wahrheit verordnet wird. Unwissenheit ist kein Segen. Vielleicht sollte die „rote Kapsel“ mal der Menschheit zwangsverordnet werden – vielleicht regt sich dann mal etwas anderes auf diesem Planeten als das Stampfen und Mahlen der Profitmaschine, das Rattern und Klingeln der Registrierkassen und das Donnergrollen der Schüsse und Explosionen. Träumen darf man ja wohl noch... barfüßige Grüße, ~*Ganesha*~
Ja, ich erinnere mich gut an diesen Film... ich habe ihn seinerzeit (in mediner frühen Jugend) im Kino gesehen, als er herauskam - er wurde zwar von Kritikern hoch gelobt (verdientermaßen), aber das Mainstream-Volk hat ihn leider als esoterischen Kifferfilm abgetan. Die standen eben noch zu sehr unter dem Einfluß der "blauen Kapsel"... Jenes Volk käme auch nicht auf die Idee, an einem warmen Tag mal in die Natur (wo sie noch zu finden ist) hinauszugehen, den echten Erdboden, Sand, Gras, usw. unter den nackten Sohlen zu spüren, die Kleider abzustreifen und sich den Elementen und dem Kontakt mit Mutter Erde ganz hinzugeben, in sich und in Sie mal hineinzuhören... Die Musik von Philip Glass aus jenem Film kann da als meditative Hilfe dienen. Wobei auch ein sehr schönes Chillout-Album von Proton Kinoun dafür gut geeignet ist. Tja, auf solche Ideen kommen wohl nur die als "Spinner" oder "Kiffer" titulierten Menschen. Ich bin sowas von froh, ein solcher "Spinner" zu sein - und noch fröhlicher macht es mich, daß ich nicht allein bin! Und jetzt warte ich auf die wärmeren Tage... mit nackten Zehen wackelnd, ~*Ganesha*~
Ich konnte mich nicht entscheiden und habe beide genommen. Und jetzt ist hier alles lila - das ist schon irgendwie ein Problem. ;-) Der Vorteil ist, dass ich mein Leben noch immer genieße, auch wenn ich weiß, dass grad alles zum Teufel geht... Auch die Zukunft! Na und? In der Zukunft sind wir alle tot. ^^ Übrigens: Diese Frage haben sich Menschen schon in den 1670ern gestellt. Damals ging man davon aus, dass die Holländer kollektiv auf ihre Schiffe umzögen und sich vielleicht bei Bedarf auf Borneo niederließen. No times are settled times. ;-)